Lammbach, Schwanden bei Brienz (BE)
Mit dem Bau des bis zu 22.5 m hohen und 76 m breiten Geschiebesammlers «Roossi» wird der Schutz vor Murgängen am Lammbach bedeutend erhöht. Die Historie des Wildbachs zeigt, dass dies dringend nötig ist. Mit unserer breiten Kompetenz am Fels sind wir dafür der richtige Baupartner.
Der Lammbach oberhalb der Berner Gemeinden Schwanden und Brienz bildet einen der mächtigsten Wildwassergräben der Schweiz. Mit rund zwei Millionen Kubikmetern Schutt an den steilen Abhängen birgt der Lammbachgraben ein immenses Risiko für grosse Murgänge. Ein Blick in die Historie zeigt, dass es dort nach Waldrodungen im Mittelalter immer wieder zu verheerenden Naturkatastrophen gekommen ist. Dem Ereigniskataster ist zum 17. und 19. Juli 1797 zu entnehmen: «Es stürmten unbeschreibliche Lasten von Schutt, Steinen und Felsstücken hinab auf das unglückliche Brienz.» Schätzungsweise 570’000 m3 Geschiebe wurden dazumal ins Tal befördert. Nach einer weiteren Katastrophe im Jahr 1896 beschloss das Tiefbauamt, grosse Bachsperren bauen zu lassen.
Moderner Hochwasserschutz
Die Schwellenkorporationen Brienz, Schwanden und Hofstetten reduzieren mit Unterstützung des Kantons Bern und des Bundes das Hochwasser- und Murgangrisiko am Lamm- und Schwanderbach. Wir konnten das Baulos 1 unter der Bauleitung der Mätzener & Wyss Bauingenieure AG gewinnen. Unser Auftrag umfasst nach der Ertüchtigung der Gummbielbrücke als Baustellenzufahrt die Instandsetzung von zwei rund 120 Jahre alten Bachverbauungen sowie den Neubau des imposanten Geschiebesammlers «Roossi». Während die Instandsetzung der zwei bestehenden Sperren aufgrund der Alterung der Natursteinwerke dringend angezeigt war, bringt der neue Geschiebesammler «Roossi» zusätzliche Sicherheit für die Menschen am Lammbach. Der 22.5 m hohe und 76 m breite Geschiebesammler wird im Ereignisfall mit einem Auffangvolumen von bis zu 75’000 m3 viel Murgangmaterial zurückhalten können und nur das Wasser bachabwärts in den See leiten.
Umfangreiche Tiefbauarbeiten
Anfang 2021 wurde die Baustelle für den Geschiebesammler «Roossi» mit dem Aushub der Baugrube gestartet. Der Sammler bettet sich ein in die steilen Wände der Lammbachschlucht, die aus brüchigem Felsen besteht. An beiden Flanken begann unser Team parallel mit dem Aushub, wobei eine grosse Stärke unserer Unternehmung zum Tragen kam: Neben den Tiefbauprofis der Abteilung Bauservice kamen Spezialtiefbau- und Felssicherungsspezialisten zum Einsatz, um die Baugrube fortlaufend zu sichern. Der Untergrund aus lockerem und rolligem Material war so ungünstig, dass teilweise nur in Etappenhöhen von 0.5 bis 0.8 m gearbeitet werden konnte. Unter Arbeit am Seil und minimalem Platz für Maschinen wurde so in kleinsten Schritten ausgehoben und die Nagelwand zur sofortigen Sicherung nachgezogen. Diese Baugrubensicherung mit Armierungsnetzen, Ankern und Spritzbeton wurde unter Einsatz von platzsparendem Spezialinventar erstellt.
Fundation im Bachbett
Unten im Bachbett machte sich ein weiteres Team bereits daran, die massive Bodenplatte des Sammlers vorzubereiten. Im durchnässten Kies wurden vier Vertikalschächte mit einem Durchmesser von 2 m und einer Tiefe von 6 m ausgehoben, bewehrt und betoniert, um die gewaltigen Lasten eines potenziellen Murgangs in den Boden abtragen zu können. Zusätzlich bohrten die Maschinisten des Spezialtiefbaus 44 schräge Verankerungen und 14 vertikale Mikropfähle, um das Bauwerk zu fundieren. Die schrägen Anker wurden mit einem Imlochhammerbohrgerät gebohrt, die rund 20 m langen, korrosionsgeschützten Stabanker mithilfe des Krans verlegt und schliesslich mit Mörtel ausinjiziert. Auf das sichere Fundament wurde eine dreiteilige Bodenplatte in Ortbeton erstellt sowie Wuhrsteine aus dem eigenen Steinbruch Hofstetten (BE) platziert.
Hochbau mit Kletterschalung
Die eindrucksvolle Querscheibe des Geschiebesammlers «Roossi» wird mit 3’100 m3 Konstruktionsbeton aus der hauseigenen Beton-Anlage Brienz (BE) gebaut. Dabei setzen wir ein spezielles Kletterschalungssystem ein. Mit der Kletterkonsole werden die Lasten des Frischbetondrucks in die Kletteranker des vorherigen Betonierabschnitts eingeleitet. In der intensivsten Hochbauphase waren bis zu zehn Personen gleichzeitig auf der Baustelle am Arbeiten.
Instandstellung der Sperre I
Neben dem Neubau des Sammlers galt es, die Natursteinsperre I gut 100 m flussabwärts zu sanieren. Die Sperre wird künftig verhindern, dass der Sammler durch rückschreitende Sohlenerosionen destabilisiert wird. Die Verbauung wurde ursprünglich in den Jahren 1896 bis 1907 aufgebaut und 1952 mit kleineren Blöcken erhöht. Im Ereignisfall besteht die Gefahr, dass ein Murgang das nachträglich aufgesetzte Mauerteil wegschiebt. Unsere Felssicherer erstellten zuerst 13 Drainagebohrungen am hängenden Seil. Von einer Plattform an der Rückwand aus wurden danach insgesamt 20 Stück 20 m lange Anker in zwei Reihen versetzt, um den aufgesetzten Teil der Sperre zurückzubinden. Die Krone wurde zusätzlich mit einem Betonriegel verstärkt.
Technische Daten
Aushub 11’500 m3
Nagelwand 1’350 m2
Netzabdeckung 400 m2
Vorinjizierte Anker 20 m 44 Stk.
Mikropfähle 10 m 14 Stk.
Armierung 350 t
Konstruktionsbeton 3’500 m3
Blocksteine 3’300 t
Pascal Siegrist